Die atemberaubende Aussicht, die abwechslungsreiche Landschaft und natürlich Kurven en masse – Passfahrten sind das Höchste der Gefühle. Komm mit auf die Grimsel.
Eckdaten Grimselpass
- Passhöhe: 2165 m
- Länge: 32 km
- Talorte: Innertkirchen (Bern), Gletsch (Wallis)
- Steigung: bis zu 11 %
- Fahrbahn: zweispurig, breit ausgebaut, randgesichert
- Schwierigkeit: auch für Motorradanfänger geeignet
- Denzel-Skala: SG2
- Wintersperre: ca. November bis Mai
Der Tank ist voll, der Reifendruck passt. Die Profile sowieso, beide Pneus sind nämlich ganz frisch aufgezogen. Bis ins Berner Oberland nehme ich die Landstrasse. Ideal, um alles gemütlich warmzufahren: Motor, Reifen, Bremsen, mich. Sobald ich aufs Bike steige fährt mein Fokus hoch, 110 Prozent ab der ersten Sekunde. Da bleibt nicht viel Platz für andere Gedanken, aber genau das ist ja auch Zweck der Übung. Draussen sein, die Natur und das Wetter spüren, alleine unterwegs sein – das ist für mich die Freiheit, von der immer schnell die Rede ist, wenn es ums Biken geht. Da kriege ich den Kopf frei, denke an nichts anderes und bin einfach voll in meinem Element.
Bei der Einfahrt nach Innertkirchen, dem Talort der Grimsel Berner Seite, kribbelts schon vor Vorfreude. Jetzt gehts bis zum Passrücken erstmal 1’500 Höhenmeter nach oben – auf immerhin bloss 26 km. So kommen also 11 Prozent Steigung zustande. Dieser Streckenabschnitt ist langgezogener als der Walliser Teil, dadurch weniger kurvig, perfekt um zügig zu fahren. Doch bei dem Traumwetter ist viel los auf der Strasse, was keine Überraschung ist. Schätzt auch ihr vor eurer Fahrt den Verkehr ab. Klar, hoffen darf man immer, aber bei gutem Wetter einen leeren Pass zu erwarten, wäre etwas egoistisch. Zum Glück ist die Strasse hier geräumig ausgebaut, die Geraden sind sehr gut überblickbar, und ich habe bald die grösste Traube hinter mir gelassen.
Das Panorama-Plus
Wer auf Landschaft steht und genug Zeit mitbringt, sollte unbedingt noch einen Abstecher zum Oberaarsee machen. Gut zu wissen: Hier wirds einspurig und die Panoramastrasse Oberaar ist nur während der ersten zehn Minuten einer Stunde passierbar. Dafür macht die Strasse ihrem Namen alle Ehre: Mit Blick auf den Totensee, den Trübtensee und den langgezogenen Grimselsee gibts da tatsächlich einiges zu sehen. Wer möchte, schaut sich natürlich auch noch das Grimsel Hospiz an. In meinem Fall: Been there, done that. Heute bin ich wegen etwas anderem hier.
Mein Snack: Kameralinsen
Ein bisschen weiter, gegenüber vom Berghotel Grimselblick, findest du einen Töffparklplatz direkt am Totensee – aber ausgestorben ist der nie. Und wenn du die Tour nicht das erste Mal fährst, wirst du 100 Pro ein paar bekannte Gesichter antreffen. Noch ein paar Meter weiter lockt ein Aussichtspunkt, auf dem ich das finde, was ich persönlich an Pässen liebe: Von oben ist der Streckenverlauf mit all seinen Windungen gut zu überblicken. Hier halte ich gerne, um ein paar Bilder zu knipsen. Mit Blick und Objektiv ins Wallis gerichtet freue ich mich jetzt auf sechs Bilderbuch-Spitzkehren, verbunden durch langgezogene Geraden. Hier gehts auf gerade mal 6,2 km Strecke 400 Höhenmeter abwärts. Ein Traum! Gleich lernen mich meine neuen Pneus so richtig kennen – und ich sie auch. Wir sind ein gutes Team und erreichen Gletsch nur wenige Minuten später.
Die absolute Krönung
Wer also mal Lust auf eine kurze, lohnende Tour von Bern ins Wallis (oder natürlich umgekehrt) hat, dem kann ich den Grimselpass bloss ans Herz legen. Vor allem für Bike-Anfänger eine Hammer-Route, aber auch routinierten Fahrerinnen und Fahrern wird hier sicher nicht langweilig. Meine persönlichen Favoriten sind jedoch der Ofen- und Sustenpass. Unter den Schweizer Strecken sind diese beiden natur- und kurvenmässig für mich einfach unschlagbar. Mein Tipp: Weite die Tour auf die sogenannte «Königsrunde» aus: Grimsel-Furka-Susten. Den ersten der drei Könige hast du nun ja bereits hinter dir.